Geschichte

Chronik der Maßschneider

Einleitend muss gesagt werden, dass die Chronik sich stärker  auf die Entwicklung des Herrenschneider-Handwerks bezieht, da hier eine ausführliche Chronik vorliegt und die Unterlagen der Damenschneider leider im 2. Weltkrieg verloren gingen. Nachdem im Gefolge der Französischen Revolution das linke Rheinufer 1797 von Frankreich annektiert und die Zünfte aufgelöst wurden, ermöglichte erst die preußische Gesetzgebung der Jahre 1845/49 die Gründung von Handwerksinnungen.

 

Am 3. November 1850 genehmigte der preußische Minister für Handel und Gewerbe eine Satzung der Schneider-Innung, die damit ihre Tätigkeit aufnehmen konnte. Für Köln war die Gründung der Schneider-Innung die vierte Innungsgründung nach der Schlosser-Innung (1848) und der Bäcker-Innung sowie der Schreiner-Innung (1849).

97 Mitglieder schlossen sich der neuen Schneider-Innung an. Sie hatten jedoch schwer zu kämpfen, da die alte Zunftordnung mit der neuen Innung nicht wiederbelebt werden konnte. Die wichtigste Tätigkeit der Innung lag in der Ausbildung und Betreuung der Lehrlinge. Gewerberechtliche Schutzzäune konnte die Innung gegen die nichtorganisierten Meister nicht bieten.

 

Erster Obermeister wurde Joseph Behler (bis 1852), dem Johann Cremer (bis 1885) folgte. Während seiner Amtszeit gründeten im Jahr 1884 11 Kölner Innungen den Kölner Innungsausschuss, den Vorläufer der heutigen Kreishandwerkerschaft und schufen damit eine Institution zur gemeinsamen Vertretung der Interessen des Kölner Handwerks.

 

Die Schneider-Innung zu Köln war dabei. Unter Ludwig Rohé (1886 – 1899) wurde die heute noch existierende Innungsfahne von 1888 mit dem Bildnis des Schneider-Patrons Johannes des Täufers geweiht. Ihr damaliger Wert belief sich auf 900 Mark. Die Schneider Innung trat auch dem zwischenzeitlich gegründeten Rheinisch-Westfälischen Innungsverband und dem Verband Deutscher Schneider-Innungen bei.

 

In den Jahren 1897/99 befasste sich die Innung mit der Möglichkeit der Bildung einer Zwangsinnung für alle Schneidereien. Von den 364 stimmberechtigten Kölner Schneidern sprachen sich schließlich 226 für die Bildung einer Zwangsinnung aus, nur 4 votierten dagegen. So wurde per 1. April 1899 die freie Innung in eine Zwangsinnung umgewandelt. Zum Obermeister wurde Johann Stiene (1899 – 1903) gewählt. Zu seiner Zeit wurde auch die Handwerkskammer Köln gebildet, die am 1. Januar 1900 ihre Tätigkeit als Gesamtvertretung des Handwerks im Regierungsbezirk aufnahm. Auf Grund einer Entscheidung des preußischen Handelsministers wurden ab 1903 auch die Damenschneider in die Zwangsinnung einbezogen, wenn auch großenteils wider Willen. Zunächst wurde den Damenschneidern ein Sitz im Innungsvorstand eingeräumt, der mit Wilhelm Immendorf besetzt wurde. Ab 1906 kam mit Carl Koch noch ein zweites Vorstandsmitglied hinzu. Obermeister Hugo Schmitz, der seit 1903 amtierte und trotz unruhiger Zeit bis 1919 an der Spitze der Innung stand, bemühte sich sehr, die Damenschneider in die Innung zu integrieren, doch mit Carl Koch erwuchs ihm ein Gegner, der erfolgreich die Gründung einer eigenen Damenschneider-Innung betrieb. Am 1. März 1909 wurde nach Genehmigung der Aufsichtsbehörde die Damenschneider-Zwangsinnung Köln gegründet. Ihr Obermeister wurde Carl Koch. Die Damenschneider-Innung zählte bald 600 Damenschneider und Damenschneiderinnen. Das Verhältnis der beiden Innungen zueinander war zunächst sehr gespannt, sei es wegen Fach- oder Finanzfragen. Erst 1915 wurde bei der Fahnenweihe der Damenschneider-Innung seitens der Herrenschneider-Innung in einem symbolischen Akt durch das Einschlagen eines silbernen Nagels in den Schaft der neuen Fahne die künftige Zusammenarbeit besiegelt.

1919 wurde Mathias Burges zum Obermeister der Herrenschneider-Innung gewählt, dem aber schon 1922 Jean Stiene folgte. 1923 gehörten der Herrenschneider-Innung über 1000 Mitglieder an, und so wurde zur Bewältigung der Arbeit und zur Entlastung des Obermeisters ein eigenes Sekretariat eingerichtet und ein Sekretär eingestellt. Dieses Amt hat Theo Krings seit 1925 für mehr als drei Jahrzehnte eingenommen. 1926 wurde dann eine eigene Innungskrankenkasse gegründet.

 

Das Jahr 1929 war für die Innung von besonderer Bedeutung durch den Kauf eines eigenen Innungshauses am Hildeboldplatz13, das auch die Innungsgeschäftsstelle aufnahm und bis 1999 im Besitz der Herrenschneider-Innung verblieb.

 

Durch die Handwerkergesetze von 1933/34 wurde die Innung in eine Pflichtinnung umgewandelt. Jean Stiene verblieb trotz schwieriger Zeit auf seinem Posten. Die Mitgliederzahl der Innung erreichte mit 2000 Mitgliedern ihren absoluten Höhepunkt. Die kontinuierliche Entwicklung wurde aber durch den Krieg unterbrochen. Im Herbst 1943 kam es aus verwaltungstechnischen Gründen zu einer zwangsweisen Vereinigung der Herrenschneider-Innung, der Damenschneider-Innung und der Putzmacher-Innung zur Innung des Bekleidungshandwerks.

Nach dem Zusammenbruch 1945 nahmen die drei Innungen jedoch wieder getrennt ihre Arbeit auf, und zwar im Innungshaus Hildeboldplatz 13, das den Krieg – zwar stark beschädigt – überstanden hatte. Als Obermeister der Nachkriegszeit machten sich in den drei Innungen

  • Heinrich Bücker für die Herrenschneider
  • Juliane van Hees und Hansi Beyerling für die Damenschneider und
  • Helene Land für die Putzmacher

verdient.

 

Die Herrenschneider-Innung umfasste jetzt auch die Betriebe des Landkreises Köln. Die Mitgliedschaft zur Innung war hinfort freiwillig. Das Jahr 1950 stand ganz im Zeichen des 100-jährigen Jubiläums der Herrenschneider-Innung Köln. Gleichzeitig wurde in der Kölner Messe die Ausstellung „Von Kopf bis Fuß“ mit großem Erfolg veranstaltet und der Deutsche Schneidertag in Köln durchgeführt. Die Mitgliederzahl der Innung belief sich wieder auf 950 Betriebe.

 

Durch die technische Entwicklung und das starke Aufkommen der Konfektionskleidung wurde das Schneiderhandwerk in den folgenden Jahrzehnten jedoch stark dezimiert. Es gab jedoch immer wieder Obermeister-Persönlichkeiten, die die Fahne des Herrenschneider-Handwerks hoch hielten. Es waren dies nach Heinrich Bücker Gerhard Roeben senior, Albert Loddenkemper, Josef Arnemann, Hans Michel, Gerhard Roeben.

Nachdem die eigene Innungsgeschäftsstelle 1977 aufgegeben werden musste, übernahm die Kreishandwerkerschaft Köln die Innungsverwaltung. 1980 beging die Innung ihr 130-järhiges Bestehen festlich mit einer großen Ausstellung des Künstlers Klaus Herzog in den Räumen der Severinstorburg zu Köln. 1990 beging die Innung ihr 140-jähriges Bestehen. Die Innungsfahne von 1888 wurde restauriert und erneut geweiht.

 

Am 1. Juli 1999 fusionierten aufgrund der Novellierung der Handwerksordnung die Herrenschneider-Innung Köln und die Damenschneider-Innnung Köln zur Innung des Maßschneider-Handwerks Köln. Für eine Übergangszeit von 5 Jahren gab es  zwei Obermeister: Gerhard Roeben für die Gruppe der Herrenschneider und Birgit Gordes für die Gruppe der Damenschneiderinnen. Im Gegensatz zum vorigen Jahrhundert nahm die Fusion eine erfreuliche Entwicklung und man kann sagen, es ist eine gelungene Fusion geworden.

 

Seit Ende 2010 ist Marianne Teichmann Obermeisterin der Innung des Maßschneider-Handwerks Köln und Gerhard Roeben steht ihr als stv. Obermeister zur Seite.


Chronik der Textilreiniger

1995 feierte die Organisation des Textilreiniger-Handwerks in Köln ihr 60-jähriges Bestehen. Hier ein geschichtlicher Abriss:

1935 gründete man den berufsständischen Zusammenschluss der Färber und Chemisch Reiniger, um in den damaligen schwierigen wirt­schaftlichen Verhältnissen die speziellen Belange des Handwerks zu vertreten. Doch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten machten sich diese zunächst zum Fürsprecher des Handwerks, mit der Forderung nach mehr Ordnung und einer straffen Organisation. Ent­sprechend dem Führerprinzip wurden die bisher freien Innungen zu Zwangsinnungen umgebildet. Der Krieg, mit seinen widrigen Begleiterscheinungen und furcht­baren Folgen, unterbrach die Entwicklung des jungen Hand­werks; das Innungsleben brach zusammen wie auch das gesamte Deutsche Reich. 1945 musste wieder ganz von vorn angefangen werden.

Am 15.10.1945 fand eine General­versammlung der Färber-Innung im Kolpinghaus statt. Kreishandwerks­meister Breiken begrüßte 17 Innungsmitglieder. Auf der Tages­ordnung stand die Wahl des Obermeisters und des Vorstandes. Zum Obermeister wurde Kollege Gödde gewählt, der den kommissa­risch eingesetzten Obermeister Aberfeld ablöste. In den Vorstand berufen wurden die Kollegen Martini, Weidenfeld, Reichedanz und Thierold (stellv. OM).

Am 4.2.1946 fand die erste In­nungsversammlung nach dem Krieg im Kolpinghaus statt. Wesentliches Thema der Versammlung war die Materialbeschaffung. Der Provinzial-Fachverband des textilen Reinigungs- und Färbereigewerbes aus Düsseldorf, signalisierte verstärkte Bemühungen in der Beschaffung von Seife, Wasch­benzin, Spinnstoffen, Kohle und Farbstoff.

 

Bis Anfang der fünfziger Jahre waren die Innungsbetriebe von existentiellen, wirtschaftlichen Problemen geplagt; viele Betriebe mußten schließen. Aber mit dem Anfang 1950 gewählten Obermei­ster Aberfeld, kam der langsame Aufschwung. In dieser Zeit kam es auch zu der Trennung von der Fachvereinigung der Wäscher und Plätter. Nun traten innungsspezifische Themen wie Meisterprüfung, Verbandstagungen und Lohn (Tarif) in den Vordergrund. Lehrlinge erhielten in ihrer 11/2 jährigen Anlernzeit, DM 30,— im 1. Halbjahr, DM 40,— im 2. Halbjahr und DM 50,— im 3. Halbjahr.

 

1952 wurde erstmalig der Begriff „Färber und Chemischreiniger­-Innung Köln" verwandt. 1953, anlässlich einer Jahreshaupt­versammlung der Innung, erwähnte Obermeister Aberfeld den wirt­schaftlichen Aufschwung; alle Betriebe hatten eine erfreuliche Auslastung. 1954 wurde ein Werbefachmann als Referent eingeladen; schon damals erkannte man die Wichtig­keit der fachlichen Beratung und eines kundenorientierten Verkaufs­gesprächs.

Am 10.12.1956 wurde von der Kölner Innung der Beitritt zum Landesinnungsverband beschlossen; damit konnte auf Landesebene eine größere Kraft und auch in Lohn­streitigkeiten und anderen Proble­men gemeinsame Lösungen erzielt werden. Am 1.4.1957 begann der Schul­betrieb in Eslohe, der ersten Ersatz­berufsschule für alle Lehrlinge des Färber- und Chemischreiniger Handwerks. Am 14.4.1958 löste Kollege Thierold den zwischenzeitlich verstorbenen Obermeister Aberfeld in seinem Amt ab. Stellvertretender Obermeister wurde der Kollege Jäger; in den Vorstand wurden die Kollegen Fuchs, Martini, Reichedanz und Schwarz berufen.

 

Unter Obermeister Thierold wurden so genannte Werbewochen einge­führt, eine Kampagne im Winter, bei der Mäntel, Anzüge, Hosen... zu preiswerten Konditionen gereinigt wurden. Nicht immer war man in der Innung mit dieser Entwicklung einverstanden; viele Kollegen befürchteten einen Preisverfall. In dieser Zeit kam auch das Problem der Ladenreinigungen auf. Dies waren Waschautomaten, deren Bedienung keine handwerklichen Fähigkeiten oder gar Meisterprü­fung erforderte. Am 15. Januar wurde OM Thierold einstimmig in seinem Amt bestätigt. Ihm zur Seite standen die Kollegen Heinrichs, Fuchs, Lamprecht, Schweda und Wagner.

 

Am 15. September 1969 erklärte die Innung den Austritt aus dem Landesinnungsverband und dem Bundesfachverband. Allgemein wurden die enormen Beitragssätze kritisiert, die in keinem Verhältnis zu den Leistungen standen. OM Thierold sollte sein Amt noch bis 1977 ausführen, ehe er am 24. November aus gesundheitlichen Gründen zurücktrat. Sein Nachfol­ger wurde Kollege Martini. Kollege Schwope wurde stellvertretender Obermeister; den Vorstand kom­plettierten die Kollegen Braml, Thierold (auf Wunsch der Innung), Fuchs und Friede.

1977 war auch das Jahr, in dem der fachliche Geltungsbereich durch die Zugehörigkeit der Wäscher und Plätter ergänzt wurde. Hierdurch konnte eine Vergrößerung der Mitgliederzahl und des Beitragsauf­kommens erzielt werden. Am 11.3.1980 wurde bei der Innungsversammlung einstimmig für den Beitritt in die Innungs­krankenkasse votiert. In den regelmäßig stattfindenden Innungsversammlungen wurden aktuelle Themen wie Umweltpolitik, Steuerrecht und technische Neuerungen im Handwerk durch Referenten erörtert. Besonders die Umweltprobleme im Chemisch­reinigungsbereich, mit Verunreini­gung von Grundwasser, Abwässer und Abfall, waren ein brisantes Thema in den achtziger Jahren.Am 25.11.1986 wurde Hans Schwope zum neuen Obermeister gewählt. Dem Vorstand gehörten die Kollegen Martini, Fuchs, Dieter, Lange und Friede an. Am 19.10.1987 wurde die Handwerks­innung umbenannt in „Textil­reiniger-Innung Köln". Die alte Berufsbezeichnung war nicht mehr standesgemäß und entsprach nicht der technischen und chemischen Entwicklung der Berufe der Färber­und Chemischreiniger, Wäscher und Plätter. Von 1986-1995 konnte die Mitgliederzahl in der Innung mehr als verdoppelt werden; ein großer Verdienst des Obermeisters Schwope und des Vorstandes, die mit ihrem Engagement auch ein größeres Gewicht in den Bereichen Marktsicherung und Markt­erweiterung sowie Image und Öffentlichkeitsarbeit erzielen konnten.

 

Am 15.4.1996 wurden Obermeister Schwope und sein Stellvertreter, Kollege Lange, einstimmig wieder­gewählt. In den Vorstand berufen wurden die Herren Friede, Manthey, Timpf und Zinndorf.

 

Trotz aller wirtschaftlichen Proble­me ist die Kölner Innung der Textilreiniger bekannt für ihren Zusammenhalt, ihre Innovations­bereitschaft und für ihr kämpferi­sches Vorgehen gegen unqualifi­zierte Äußerungen seitens der Medien sowie der Politiker.